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23 | Gespenster | Heft 514-518 7. 1919 | XXI. JAHR |
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muß sein Glück machen, weil der Betrug nicht an der
feilgebotenen Meinung, sondern an der Druckerschwärze haftet und den Leser noch die eigene Dummheit fasziniert, wenn er sie schwarz auf weiß bekommt.Es ist schmerzlich, vor dem Präsidenten der
Republik bekennen zu müssen, daß die Leute hier- zulande nie dümmer waren, als seitdem es eine Republik gibt. Die Dummheit wird der Republik die Schuld geben. Denn sie, die in Sehnsucht nach den Zeiten lebt, die sie dumm gemacht haben, vermag den kürzesten Gedankengang nicht mehr zurückzulegen. Etwa so: Die Monarchie hat uns den Krieg gebracht, der Krieg den Ruin, der Ruin die Republik. Nein, sie gewahrt nur die Gleichzeitigkeit von Republik und Ruin: die Republik hat uns den Ruin gebracht. Zurück gehts leichter — somit, tunlichst mit Auslassung der Zwischenstation: der Ruin soll uns die Monarchie bringen. Denn die Republik ist an allem schuld, auch an der Dummheit, und es hat sich gleich an ihrem ersten Tag herausgestellt, daß sie nicht imstande ist, die Schulden der Monarchie zu bezahlen, die Toten der Monarchie zu erwecken, den Krieg der Monarchie ungeschehen zu machen, überhaupt vermöchte sie keinen der Vorzüge der Monarchie zu erreichen, wenn man von der hinterlassenen Geistesverfassung absehen will, die freilich nicht umzubringen war. Bei jedem Bissen, den sie nicht zum Munde führt, gedenkt die Dummheit der Monarchie, aber nicht mit Verwünschungen, sondern in Sehnsucht, denn sie weiß sich doch noch zu erinnern, daß es in der Monarchie, ehe sie den Krieg begann, Kaisersemmeln gegeben hat. Da war’s doch schöner, sagt sie, und verhilft dem resoluten Dramatiker, der mit kundiger Hand an diese Wunde rührt und auf der Bühne des des Deutschen Volkstheaters einfach »O du mein Österreich« aufspielen läßt, zum Erfolg der Saison. Die einzige Konsequenz, deren der hiesige Menschen- schlag, geschaffen, durch Schaden dumm zu werden,